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"markets are conversations."

Das Cluetrain-Manifest postulierte bereits 1999 eine Sammlung von 95 Thesen über das Verhältnis von Unternehmen und ihren Kunden im Zeitalter des Internets und wurde von den US-Amerikanern Rick Levine, Christopher Locke, Doc Searls und David Weinberger veröffentlicht.

Die damals naiv anmutenden Thesen des Cluetrain-Manifestes nahmen schon viel von dem vorweg, was für uns heute den Kern von Social Media ausmacht: netzbasierte Kommunikation bedeutet zuhören. Und mitreden.

  1. Märkte sind Gespräche.
  2. Märkte bestehen aus Menschen, nicht aus demographischen Daten
  3. Gespräche zwischen Menschen klingen menschlich. Sie werden mit einer menschlichen Stimme geführt.
  4. Ob zum Austausch von Information, Meinungen, Perspektiven, Standpunkten oder Anekdoten, die Stimme des Menschen ist offen, natürlich und ehrlich.
  5. Menschen erkennen einander am Klang ihrer Stimme.
  6. Das Internet ermöglicht Gespräche unter Menschen, die in den Zeiten der Massenmedien einfach nicht möglich waren.
  7. Hyperlinks untergraben Hierarchien.
  8. Sowohl in intervernetzten Märkten, als auch unter intravernetzten Mitarbeitern sprechen die Menschen auf eine neue kraftvolle Art und Weise miteinander.
  9. Diese vernetzten Gespräche erschaffen kraftvolle neue Formen der sozialen Ordnung und es tauchen neue Arten des Wissensaustausches auf.
  10. Daraus resultierend werden die Märkte intelligenter, sind besser informiert und organisiert. Die Teilnahme am vernetzten Markt verändert die Leute fundamental.
  11. Die Menschen in vernetzten Märkten haben herausgefunden, dass sie sich weit bessere Information und Unterstützung gegenseitig bieten können als sie von ihren Verkäufern erhalten. Soviel zur Unternehmensrethorik über den Mehrwert der eigenen Produkte.
  12. Es gibt keine Geheimnisse. Der vernetzte Markt weiß mehr als die Unternehmen über ihre eigenen Produkte. Und egal ob die Nachricht gut oder schlecht ist, sie erzählen es jedem.
  13. Was mit den Märkten geschieht, geschieht genauso unter den Mitarbeitern. Nur ein metaphysisches Konstrukt namens »Die Firma« steht zwischen den beiden.
  14. Die Unternehmen sprechen nicht mit der selben Stimme, wie diese neuen vernetzten Gespräche. In den Ohren des online Zielpublikums klingen die Firmen hohl, flach, regelrecht unmenschlich.
  15. In nur wenigen Jahren, wird die homogene »Stimme« der Geschäftswelt – der Klang von Firmenphilosophien und Broschüren – überholt und künstlich klingen, wie die Sprache der Gerichtshöfe des 18ten Jahrhunderts in Frankreich.
  16. Schon heute hört keiner mehr die Stimmen der Firmen, die reden als hätten sie es mit Idioten zu tun.
  17. Unternehmen, die annehmen, die Online-Märkte seien die selben Märkte wie die, in denen man sich die Fernsehwerbung reinpfeift, machen sich selber etwas vor.
  18. Unternehmen, die nicht begreifen, dass ihre Märkte jetzt von Person zu Person vernetzt sind, daraus resultierend intelligenter werden und sich in Gesprächen vereinen, versäumen ihre beste Chance.
  19. Unternehmen können jetzt direkt mit ihren Märkten kommunizieren. Wenn Sie das verpatzen, könnte es ihre letzte Chance gewesen sein.
  20. Unternehmen müssen erkennen, dass ihre Märkte häufig lachen. Über sie.
  21. Unternehmen müssen an Gewicht verlieren und sich weniger wichtig nehmen. Sie brauchen einen Sinn für Humor.
  22. Einen Sinn für Humor entwickeln heißt nicht, ein paar Witze auf die Unternehmens Website zu klatschen. Vielmehr bedarf es echter Werte, einer Portion Bescheidenheit, direkter Worte und einer klaren Aussage.
  23. Unternehmen, die sich »Positionieren« möchten, müssen selber Position beziehen. Optimalerweise dort wo ihr Markt seine Interessen hat.
  24. Angeberische Prahlerei wie: »Wir streben die Marktführerschaft für xyz an« lassen keine Position erkennen.
  25. Firmen müssen von ihrem hohen Ross herabsteigen und mit den Menschen sprechen, mit denen sie Beziehungen aufbauen wollen.
  26. Öffentlichkeitsarbeit stehet nicht in Relation zur Öffentlichkeit. Unternehmen haben tiefgreifende Ängste vor ihren Märkten.
  27. Indem sie in einer Sprache sprechen, die distanziert, wenig einladend und arrogant ist, bauen sie Mauern, um ihre Märkte in Schach zu halten.
  28. Die meisten Marketing-Programme basieren auf der Angst, es könne sich herausstellen was wirklich innerhalb des Unternehmens abgeht.
  29. Elvis hat es am besten formuliert: »Auf einer Basis des Misstrauens können wir nicht zusammen weitergehen«
  30. Markentreue ist wie frisch verliebt sein, - der Bruch kommt unweigerlich, und zwar schnell. Intelligente Märkte können, weil sie vernetzt sind, in Windeseile neue Kontakte knüpfen.
  31. Vernetzte Märkte können ihre Lieferanten über Nacht wechseln. Vernetzte Wissensarbeiter können ihren Arbeitgeber während des Mittagessens wechseln. Eure eigenen Gesundschrumpfungs-Maßnahmen haben uns gelehrt die Frage zu stellen: »Loyalität? Was ist das?«
  32. Intelligente Märkte werden Liefernten finden, die Ihre Sprache sprechen.
  33. Zu lernen mit einer menschlichen Stimme zu reden ist kein billiger Trick. Es kann nicht auf irgendeiner hippen Konferenz aufgeschnappt werden.
  34. Um mit einer menschlichen Stimme zu sprechen, müssen die Unternehmen die Interessen mit denen ihrer »Community« teilen.
  35. Zunächst aber müssen sie Mitglied einer »Community« sein.
  36. Unternehmen müssen sich fragen, wo ihre Unternehmenskultur endet.
  37. Wenn ihre Kultur dort endet wo die »Community« anfängt, dann werden sie keinen Markt haben.
  38. Menschliche »Communities« basieren auf Austausch - auf menschlicher Sprache, auf menschlichen Interessen.
  39. Die »Community« des Austausches ist der Markt.
  40. Unternehmen, die nicht zu einer »Community« des Austausches gehören, werden sterben.
  41. Unternehmen machen Aufsehen um Sicherheitsaspekte, aber das ist nur Fassade. Meistens schützen sie sich weniger vor dem Wettbewerb als vor ihren eigenen Märkten und Angestellten.
  42. So wie es in vernetzten Märkten geschieht, so reden auch Menschen miteinander, direkt innerhalb der Firma, und nicht nur über Regeln und Konventionen, Hausordnungen und Profite.
  43. Solche Gespräche finden heute in unternehmenseigenen Intranets statt. Aber nur wenn die Bedingungen dafür stimmen.
  44. Typischerweise installieren Unternehmen Intranets »Top-Down«, um ihre Mitarbeiter-Richtlinien und andere Unternehmensinformationen zu verbreiten. Im Gegenzug geben die Mitarbeiter ihr bestes diese Inhalte zu ignorieren.
  45. Intranets neigen dazu, Langeweile zu umgehen. Die besten entstehen »bottom-up« von engagierten Individuen die kooperieren, um etwas viel wertvolleres zu erschaffen: eine intravernetzte Kommunikation innerhalb des Unternehmens.
  46. Ein gesundes Intranet organisiert die Mitarbeiter im wortwörtlichen Sinne. Sein Effekt ist radikaler als jede Firmenphilosophie.
  47. Während sich die Unternehmen davor fürchten, sind sie gleichzeitig abhängig von offenen Intranets, um das entscheidende Wissen zu generieren und zu teilen. Sie müssen dem Drang wiederstehen diese vernetzte Kommunikation zu »verbessern« oder zu kontrollieren.
  48. Wenn Intranets nicht durch Angst und Regulierung begrenzt werden, klingen die Gespräche, die dort entstehen deutlich wie die Gespräche der vernetzten Märkte.
  49. Organigramme funktionierten in früheren Zeiten der Wirtschaft, als Pläne von der Spitze einer steilen Managementpyramide aus umfassend verstanden und detaillierte Arbeitsaufträge von oben nach unten durchgereicht werden konnten.
  50. Heutzutage sind Organigramme mit Hyperlinks versehen - nicht hierarchisch. Respekt für pragmatisches Wissen gewinnt gegenüber dem Respekt für abstrakte Autorität.
  51. Befehls- und Kontrollmanagement wurzeln in und verstärken die Bürokratie, die Ellbogenmentalität und eine allgemeine Kultur der Paranoia.
  52. Paranoia tötet das Gespräch. Das ist ihr Zweck. Aber ein Mangel an offenem Gespräch tötet Unternehmen.
  53. Es finden zwei Arten von Gesprächen statt. Eines innerhalb des Unternehmens und eines mit dem Markt.
  54. In den meisten Fällen funktioniert keines der Gespräche besonders gut. Fast ausschließlich lässt sich die Ursache für dieses Versagen auf überflüssige Ausformungen von Kommando und Kontrolle zurückführen.
  55. Als Geschäftspolitik ist dies Gift. Als Methoden sind sie unbrauchbar geworden. Kommando und Kontrolle erwecken bei vernetzten Wissensarbeitern Feindseligkeit und bewirken in vernetzten Märkten Misstrauen.
  56. Diese beide Gespräche möchten sich vermischen. Sie sprechen die gleiche Sprache. Sie erkennen sich in ihren Stimmen wieder.
  57. Intelligente Unternehmen werden beiseite treten und dazu beitragen, daß das Unvermeidliche schneller geschieht.
  58. Wenn wir die Bereitschaft, nicht im Wege zu stehen als Maßstab für den IQ nehmen, gibt es erst sehr wenig intelligente Unternehmen.
  59. Wie auch immer, unterschwellig nehmen Millionen von Menschen heute Unternehmen als wundersame legale Märchen wahr, welche aktiv zu verhindern versuchen, daß diese Gespräche ineinander greifen.
  60. Das ist selbstmörderisch. Märkte wollen mit Unternehmen sprechen.
  61. Leider ist der Bereich des Unternehmens, mit dem ein vernetzter Markt sprechen möchte, für gewöhnlich hinter einer Nebelwand verborgen. Hinter einer Sprache, die falsch klingt und oft genug auch falsch ist.
  62. Märkte möchten nicht mit Sprücheklopfern und Aufschneidern sprechen. Sie möchten an den Gesprächen teilnehmen, die hinter den Firewalls stattfinden.
  63. Um mal direkt zu werden: »Wir sind diese Märkte. Wir möchten mit euch sprechen.«
  64. Wir möchten Einblick haben in eure Unternehmensinformationen, in eure Pläne und Strategien, eure besten Gedanken und euer echtes Wissen. Mit der Vier-Farb-Broschüre und einem hochglanz Internet-Auftritt ohne jegliche Substanz geben wir uns nicht zufrieden.
  65. Wir sind auch die Mitarbeiter, die eure Unternehmen am laufen halten. Wir möchten mit unseren eigenen Stimmen direkt mit den Kunden sprechen, nicht in Plattitüden, die auf einem Stück Papier stehen.
  66. Als Märkte, als Arbeiter, macht es uns beide krank, eure Informationen per Fernbedienung zu erhalten. Wozu brauchen wir gesichtslose Jahresberichte und Marktstudien aus dritter Hand um uns einander vorzustellen?
  67. Als Märkte und als Mitarbeiter fragen wir uns, warum ihr uns nicht zuhört. Es scheint, ihr sprecht eine andere Sprache.
  68. Der aufgeblasene, wichtigtuerische Jargon, den ihr verbreitet – in der Presse, auf euren Konferenzen – was hat der mit uns zu tun?
  69. Vielleicht könnt ihr damit eure Investoren beeindrucken. Vielleicht beeindruckt ihr die Wallstreet. Uns beeindruckt ihr jedenfalls nicht damit.
  70. Wenn ihr uns nicht beeindruckt, werden eure Investoren baden gehen. Verstehen die das nicht? Wenn sie es verstünden, würden sie euch nicht so reden lassen.
  71. Eure gelangweilten Abhandlungen über den "Markt" nerven uns. Wir erkennen uns in euren Projektionen nicht wieder – vielleicht weil wir wissen, daß wir bereits ganz wo anders sind.
  72. Wir mögen diesen neuen Marktplatz viel mehr. In Wahrheit erschaffen wir ihn.
  73. Ihr seid eingeladen, aber dies ist unsere Welt. Zieht eure Schuhe an der Tür aus. Wenn ihr mit uns Geschäfte machen wollt, dann steigt runter von eurem Kamel!
  74. Wir sind immun gegen Werbung. Vergesst es einfach.
  75. Wenn ihr mit uns reden wollt, dann erzählt uns was. Zur Abwechslung mal was interessantes.
  76. Wir haben da ein paar Ideen für euch: ein paar neue Tools, die wir brauchen, einen besseren Service. Zeug, für das wir breit wären Geld auszugeben. Habt ihr ne Minute?
  77. Du bist so sehr mit deinen Geschäften zu Gange, du hast keine Zeit unsere eMail zu beantworten? Ach, so was Dummes aber auch, t´schuldigung, wir kommen später wieder. Womöglich.
  78. Ihr wollt, dass wir euch Geld geben? Dann gebt uns eure Aufmerksamkeit.
  79. Wir möchten, dass ihr runterkommt von eurem Trip, herauskommt aus eurer neurotischen Selbstbezogenheit, steigt ein in die Party.
  80. Macht euch keine Sorgen, ihr könnt immer noch Geld verdienen. Das heißt solange dies nicht das einzige ist, was ihr im Kopf habt.
  81. Habt ihr bemerkt, dass Geld an sich eine recht eindimensionale und langweilige Angelegenheit ist? Worüber könnten wir sonst noch reden?
  82. Dein Produkt ist kaputt gegangen. Warum? Wir würden gerne den Fragen, der es gemacht hat. Eure Unternehmensstrategie macht keinen Sinn. Wir hätten gerne einen Chat mit eurer Geschäftsführerin. Was meinst du, sie ist nicht im Hause?
  83. Wir möchten, dass ihr uns 50 Millionen genauso ernst nehmt wie einen Reporter vom Wall Street Journal.
  84. Wir kennen ein paar Leute aus eurer Firma. Sie sind online recht cool. Habt ihr noch welche von der Sorte, die ihr versteckt? Dürfen sie rauskommen und mitspielen?
  85. Wenn wir Fragen haben, dann beantworten wir uns die gegenseitig. Wenn ihr "eure Leute" nicht an so kurzer Leine halten würdet, würden sie vielleicht zu denen gehören, an die wir uns wenden.
  86. Wenn wir nicht gerade damit beschäftigt sind eure Zielgruppe zu sein, sind viele von uns eure Leute. Wir würden eher mit unseren Freunden online sprechen, als auf die Uhr zu schauen. Das würde euch besser bekannt machen als eure ganze millionenschwere Website. Aber ihr sagt uns, mit dem Markt zu sprechen sei die Aufgabe des Marketings.
  87. Wir würden uns freuen, wenn ihr kapiert, was hier abgeht. Das wäre wirklich toll. Aber glaubt ja nicht, dass wir deswegen die Luft anhalten.
  88. Wir haben besseres zu tun, als uns darüber Sorgen zu machen, ob ihr euch rechtzeitig wandeln könnt, um mit uns ins Geschäft zu kommen. Das Geschäftliche ist nur ein Teil unseres Lebens. Bei euch scheint das anders zu sein. Denkt darüber nach: wer braucht wen?
  89. Wir haben wirkliche Macht, und wir wissen das. Wenn ihr das nicht erkennt, wird jemand anders daherkommen, jemand aufmerksameres, jemand interessanteres, jemand, mit dem es mehr Spaß macht zu spielen.
  90. Sogar in seiner simpelsten Variante ist unser neu entdecktes Gespräch interessanter als eure Messen, unterhaltsamer als eure Sitcoms und ganz bestimmt lebensnaher als eure Unternehmenswebsites, die wir bisher gesehen haben.
  91. Unsere Treue gilt uns selbst – unseren Freunden, unseren neuen Verbündeten und Bekannten, ja sogar unseren Sparring-Partnern. Firmen, die keinen Anteil an dieser Welt haben, haben auch keinen Zukunft.
  92. Unternehmen haben Millionen von Dollars für das Jahrzweitausend-Problem ausgegeben. Warum hören sie nicht diese Zeitbombe des Marktes ticken? Der Einsatz ist hier sogar höher.
  93. Wir sind sowohl innerhalb der Firmen als auch außerhalb. Die Grenzen, die uns trennen, sehen heute aus wie die Berliner Mauer, aber sie sind wirklich nur ein Störfaktor. Wir wissen auch diese Mauer wird fallen. Wir werden von beiden Seiten daran arbeiten um sie niederzureißen.
  94. Traditionellen Unternehmen mögen vernetzte Gespräche chaotisch erscheinen und Wirr klingen. Aber wir organisieren uns schneller als diese Unternehmen. Wir haben bessere Tools, mehr neue Ideen und weniger Regeln, mit denen wir uns ausbremsen.
  95. Wir wachen gerade auf und verbinden uns miteinander. Wir schauen, aber wir warten nicht.

Copyright © 1999 Levine, Locke, Searls & Weinberger
Quelle: www.cluetrain.com/auf-deutsch.html

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